Abwechslungsreicher als vermutet
Landtagsabgeordneter Dr. Helmut Martin als Praktikant bei Fleischer-Innungsobermeister Christian Knichel in der Wurstküche aktiv
Wallhausen. Der Metzger wetzt sein Metzgermesser. Wer kennt ihn nicht, den Zungenbrecher, der auf die scharfen Werkzeuge der Fleischer hinweist. Ja, Fleischermeister Christian Knichel, den Landtagsabgeordneter und wirtschaftspolitischer CDU-Sprecher Dr. Helmut Martin in im Betrieb in Wallhausen als „Praktikant“ besuchte, schleift natürlich seine Messer professionell selbst. Aber mit Messern ist es im Betrieb des Fleischer-Innungsobermeisters nicht getan. Energiekonzept, Hygienevorschriften, nachhaltige Maschineninvestitionen, schmucker gestylter Verkaufsraum mit digitalen Anzeigen, Catering-Angebote, Ausbildung von Fleischern und Fachverkäuferinnen – das geht weit über Schnitzel und Bratwurst hinaus.
So war „Praktikant“ Dr. Martin, von Haus aus Jurist, aber dank seiner Lehrtätigkeit für angehende Handwerksmeister mit der Kreishandwerkerschaft fachlich verbunden, überrascht von der Vielfalt der Arbeit. Die ausgeklügelte Ablaufplanung, die Routine und dabei hohe Geschwindigkeit des Teams in Produktion und Verkauf beeindruckten ihn.
„Das war viel abwechslungsreicher als vermutet,“ lautet das Fazit des Fleischer-Praktikanten Helmut Martin nach einem langen, um 6 Uhr in der Früh begonnenen Arbeitstag. Mit Hausmacher Bratwurst, Frikadellen und Aufschnitt (Schinkenwurst, Champignonlyoner, Jagdwurst) ging’s los. Nach der Frühstückspause standen unter anderem Delikatessleberwurst, Bratwurst und Frankfurter auf der Produktionsliste. Nach jedem Produktwechsel war penibles Geräte-Zwischenreinigen angesagt. Es war nass. Nicht umsonst tragen alle Gummischürzen und Gummistiefel. Am Ende des Arbeitstages wird alles noch einmal gründlich gereinigt und desinfiziert, Hygiene wird ganz großgeschrieben.
Zum Programm gehört auch ein Vertreterbesuch, der die ganze Vielfalt der Hilfsmittel von Gewürzen bis zu Natur- oder Kunstdärmen in unterschiedlichstem Kaliber für die Würste im Lieferprogramm hat. Verarbeitet wird überwiegend Fleisch aus dem Bad Kreuznacher Fleischgroßhandel Beisiegel mit SooNahe-Schweinefleisch etwa aus Abtweiler. Das Geflügel stammt ausdrücklich nicht aus Massentierhaltung, Rindfleisch kommt von verschiedenen Höfen der Umgebung, informiert Christian Knichel. Er ist eigentlich „Seiteneinsteiger“, war zuvor Rettungsassistent und machte dann Lehre und Meisterprüfung. Er übernahm 2015 den Betrieb der Schwiegereltern. Schwiegermutter Inge Knichel hilft noch tatkräftig im Verkauf mit, wo Monika Bott und Sabine Krieg aktiv sind. In der Wurstküche ist Altgeselle Werner Jäckel seit über 40 Jahren mit dabei. Seit Jahresbeginn verstärkt Giuliano Tedesco das Team, und mit Praktikant Julian-Douglas Heijkoop steht nach den Sommerferien ein Azubi in den Startlöchern.
Dr. Helmut Martin wollte, so wie er es in verschiedenen Berufen (unter anderem bei Bäcker Gmeiner, Hargesheim) gemacht hat, in den Fleischer-Berufsalltag hineinschnuppern. Da gibt’s natürlich „Geheimrezepte“, die nicht verraten werden – etwa für die berühmte Knichel Fleischwurst. Dafür kommen Kunden aus der Region, ein Stammkunde sogar aus Mönchengladbach. Jahrelang lieferte Knichel darüber hinaus für den „Fleischwurstdonnerstag“ auf dem Kreuznacher Jahrmarkt und ärgerte sich im vergangenen Jahr, als er nach einer Neuausschreibung nicht gefragt wurde, die Fleischwurst aber als Knichel-Lieferung bezeichnet wurde.
Solche kleinen Ärgernisse können ihn aber nicht im Elan bremsen für seinen schönen Beruf und für die gut drei Dutzend Innungskollegen in den drei Landkreisen. Es gelte, den Berufsstand in der Gesellschaft zu stärken und auch zu vermitteln, was da alles dranhängt von der Rohware bis zur veredelten Feinkost in der Theke. Dabei will Dr. Martin helfen, der sich einen bleibenden Eindruck verschaffte, wie groß doch die Kapitalbindung ist durch große Maschinen wie etwa den Fleischkutter, den Räucherofen oder die Kühlanlagen ist und wie sehr die Preissteigerungen für verschiedene Produkte belasten. So verdoppelte sich kürzlich der Salzpreis, und Käse wurde ebenfalls deutlich teurer. Zur Fleischerei gehört eben nicht nur Fleisch. Mit innungsübergreifenden Aktionen möchten Knichel und Kollegen das Handwerk stärken. Zusammen mit den Bäckern plant man einen gemeinsamen rustikalen Grillabend im Sommer.
Armin Seibert